ZUM FINDEN VON THEMEN, DIE SICH NICHT IN DER SEITENLEISTE (RECHTE SPALTE) BEFINDEN, KÖNNEN SIE EIN STICHWORT IHRER WAHL IM WEISSEN FELD MIT DER KLEINEN LUPE, GANZ LINKS OBEN IN DER BLAUEN LEISTE, EINGEBEN!

Mittwoch, 30. September 2009

Heilsamer Holzduft aus Südamerika



Der wunderschöne neue Holzboden, auf dem ich meine Studien ausbreite, duftet köstlich. Der Baum, der dieses Parkett liefert, versorgt und auch mit einem seltenen süßlich-holzig duftenden ätherischen Öl, das ich von der Firma Maienfelser habe und das ich an dieser Stelle mal kurz vorstellen möchte. Es wird aus der harzig-balsamischen Wundflüssigkeit und dem Holz eines 12 bis 15 Meter hohen Baumes aus Brasilien durch Wasserdampfdestillation gewonnen, er heißt Myrocarpus fastigiatus, Cabreuva genannt, und ist mit Erbsen, Bohnen, Ginster und Mimose verwandt (Fabaceae). Wenn das Öl gut gereift ist, erinnert es im Duft an Whiskey, es findet hauptsächlich in der Parfümindustrie Verwendung. Durch den hohen Gehalt am Sesquiterpenol Nerolidol (80%) wirkt das Öl vor allem
  • hormonell regulierend, vor allem für Männer
  • tonisierend und energetisierend
  • wundheilend (epithelisierend) und hautpflegend
  • entzündungsmindernd bei rheumatischer Polyarthritis
Im Fachbuch von Franchomme und Pénoël wird darauf hingewiesen, dass Frauen dieses Öl nur mit Vorsicht einsetzen sollten.

Dienstag, 29. September 2009

Riechverlust und ätherische Öle bei Demenzen



Ich bin jetzt soweit durch mit dem Durchforsten von Studien zum Thema Gehirndurchblutung und demenzielle Erkrankungen, die durch ätherische Öle beeinflussbar sind. Es hat mich sehr überrascht, wie viele wissenschaftliche Untersuchungen es zum Thema gibt. Ich habe ja sicherlich nur die 'Spitze des Eisbergs' gefunden und studiert.
Die unteren beiden Reihen meiner Spickzettel bestehen aus Studien mit unruhigen Patienten, welchen mit ätherischen Ölen gut geholfen werden konnte und beinhalten auch Laborergebnisse, welche zeigen, dass manche Öle das bei der Alzheimererkrankung verminderte Acetylcholin im Gehirn - und auch sein 'Widersacher' Acetylcholinesterase - positiv beeinflussen. 24 unterschiedliche Forschungsergebnisse, von denen in der Aromapflege kaum jemand weiß oder schreibt.
Die mittlere Reihe enthält Studien die zeigen, dass manche ätherische Öle und/oder deren Bestandteile den Blutfluss im Gehirn erhöhen und somit prophylaktisch als auch therapiebegleitend eingesetzt werden können. Die nächste Reihe befasst sich mit Studien zum Geruchssinn und wie man heutzutage am gestörten Riechen erste Indizien für eine demenzielle Erkrankung feststellen kann. Die obersten Zettelchen beziehen sich auf den generellen Einfluss von Düften auf unser Verhalten und unsere emotionalen Zustände. Nun, da das Chaos und die vielen Informationen, die ich schon länger in meinem Kopf herum trage, etwas geordnet ist, 'bastele' ich in den nächsten zwei Wochen einen Fachbeitrag.
Ach ja, bevor jemand nachfragt, was das einzelne Blättchen beinhaltet: Das ist eine Nebenwirkung von bestimmten Düften, die man bei agitierten Patienten nicht oder sehr vorsichtig einsetzen sollte. Und wer jetzt ganz neugierig ist, sollte meine beiden Beiträge zum Thema Dünger für die grauen Zellen und Immer mal an Vanille schnuppern(nochmals) nachlesen.

Sonntag, 27. September 2009

Mastix, das 'grüne' Harz


Heute erläutere ich euch aromatisches schmückendes Blattgrün in herbstlichen Blumensträußen. Denn kaum jemand ist sich dessen bewusst, dass es sich bei diesen Blättern mit den eigentümlich 'plattgedrückten' Stielen um eine Duft- und Räucherpflanze handelt, welche seit biblischen Zeiten bekannt ist. Deren Harz liefert das kostbare, grün-frisch-herb duftende Mastix- oder Pistacheöl. Sie heißt Pistacia lentiscus und ist mit den leckeren Knabber-Pistazien verwandt.
Diese hübschen Sträucher wachsen rund um das Mittelmehr, die Blätter und noch mehr das Harz wirken sehr adstringierend (zusammenziehend), wenn man sie kaut. Im ländlichen Griechenland wird das Harz wie Kaugummi gekaut, es regeneriert und desinfiziert wundes Zahnfleisch und erfrischt den Atem. Es wird auch als Abdichtungsmittel für Weinfässer eingesetzt und gibt so dem griechischen Retsina seinen unverwechselbaren Charakter (Retsina bedeutet Harz/Geharzter). Schauspieler kennen das Harz als Klebstoff für künstliche Bärte (Dank an Peter und Helge), auch für viele andere technische Zwecke wird es eingesetzt.





In pharmakologischen Untersuchungen konnte ein Schutz vor Magengeschwüren gezeigt werden, vermutlich durch eine Reduzierung der Produktion von Magensäure und einen ergänzenden Puffereffekt. Aber auch eine Wirkung gegen den 'Magenschreck' Helicobacter pylori, der sogar für Magenkarzinome verantwortlich sein könnte, wird diskutiert. In entsprechenden Tests führte eine Mastix-Konzentration von 125 µg/ml zu einer 50-prozentigen und 500 µg/ml zu einer 90prozentigen Vernichtung des Magenkeims.
Desweiteren wurde - wie bei vielen monoterpenreichen ätherischen Ölen auch - eine antiarteriosklerotische Eigenschaft gefunden, diese wird mit verminderten Oxidationswerten des 'bösen' Cholesterin LDL erklärt. In einer kleinen randomisierten Doppelblindstudie mit 20 Teilnehmern wurde das Kauen eines Mastix-haltigen Kaugummis und die Entwicklung von Zahnplaque untersucht. Durch vierstündiges Kauen dieses Kaugummis reduzierte sich die Menge der plaqueverursachenden Bakterien signifikant. Untersuchungen an isolierten Bakterienkulturen belegen nicht nur eine bakteriostatische Wirkung bei Helicobacter pylori sondern auch bei Staphylococcus aureus, Lactobacillus plantarum, Pseudomonas fragi und Salmonella enteridis Quelle: Heike Lück-Knobloch.
Das ätherische Öl, das nach senkrechtem Anritzen der Rinde des 3 bis 4 Meter hohen Strauches aus dem austretenden Harz destilliert wird, enthält bis zu 50 Prozent Monoterpene, welche für die schmerzlindernde und entzündungshemmende und kortisonähnliche Wirkung verantwortlich sind:
  • 6,5–20 % alpha-Pinen
  • 7-10% Limonen
  • 4–15 % beta-Myrcen
  • 1,5–15 % Sabinen
  • 0,2–0,8 % delta-Caren
Dazu Spuren von Sesquiterpenen sowie Sesquiterpenolen und folgende Monoterpenole und Monoterpenester:
  • 33-44% Terpineol-4 (antibakteriell und aquaretisch wirksam)
  • 7-10% Bornylacetat (entkrampfend wirksam)
In meinem Fachbuch habe ich folgende Indikationen aufgeführt:
  • Varizen, Hämorrhoiden
  • Thrombophlebitis
  • Prostatitis
  • Sinusitis
  • spastische Kolitis
  • Ulcus ventriculi
Ich wende dieses recht teure, sehr milde und schleimhautverträgliche ätherische Öl fast ausschließlich für Salben und Zäpfchen gegen Beschwerden durch schmerzende Hämorriden an. Die zusammenziehende und entzündungshemmende Wirkung entfaltet sich bereits bei ganz hohen Verdünnungen von ein bis zwei Prozent. Schwangere sind für diese Hilfe oft sehr dankbar. In Frankreich werden Männer mit Problemen der Vorsteherdrüse mit entsprechenden Zäpfchen versorgt. Die magenschützende Wirkung wird im englischsprachigen Bereich durch einzunehmende Kapseln mit dem Harz erreicht.
In frisch-herbe Rasierwässer oder Eau de Colognes kann man mit Spuren dieses Duftes eine fein-herb-grüne Komponente zaubern. Ideal mit Zitrusdüften und Zedernholzöl.

Montag, 21. September 2009

die würfel sind gefallen - 100 kleine zettelchen


Unser kleiner Glücks-Gnom war begeistert über so viele Lose - er hat sich extra die Hände gewaschen ;-) , wie bei Gnomen so üblich in einer Pfütze, für den fußballverstaubten Arm reichte das Wasser nicht ...


...er ist - als just der Regen einsetzte - unter'm Riesenrhabarber (Gunnera manicata) verschwunden und hat blind gezogen:


Gewinnerin Nummer 1 ist Tina Böhm, herzlichen Glückwunsch nach Rodenberg, wo Tina eine eigene Praxis hat! Wir hatten uns auf meinem Chemie-Seminar in diesem Sommer kennen gelernt.


Gewinnerin Nummer 2 ist Sabrina, auch eine Kollegin mit eigener Aromapraxis. Herzlichen Glückwunsch nach Schwollen! Sabrina hat sich bei einem Telefonat die vierte Auflage meines Fachbuches "Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe" ausgesucht, Tina war nicht zu Hause, sie wird eine Liste von Büchern von mir bekommen.

Ein herzliches DANKESCHÖN an alle 100, an die reichlichen Lobeshymnen und auch danke für all die Kommentare, aus denen ich selbst noch etwas lernen darf!
PS Google/Blogger scheint genau so schlecht wie ich zählen zu können, es waren genau hundert Namen, auch wenn 102 bei der Freunde-Liste steht.

PPS Auf meinem andern Blog shet ihr mich unter so einem Rhabarber stehend, der wird gerne mal 3 bis 4 Meter hoch und so ein Blatt mit bis zu 1,50 m Durchmesser ist kaum zu tragen, es muss mit einer Säge abgetrennt werden!

Donnerstag, 17. September 2009

Verlosung


98 LeserInnen (und eine, die nur per E-Mail angemeldet ist) - das ist eine wundervolle Bilanz der gut 10 Monate dieses Blogs. Herzlichen Dank für diese Anerkennung an euch alle! Sollte Nummer 100 in den nächsten drei Tagen auftauchen, werde ich die dufte Verlosung am Wochenende vornehmen, ansonsten nach der ersten Oktoberwoche, da ich zu zwei Veranstaltungen in die Schweiz fliegen werde (mag noch jemand das Thema der letzten beiden Posts - die Chemotypen und ähnliche faszinierende Eigenschaften der ätherische Öle - am 3. und 4.10. live mit mir in Uster bei Zürich erleben? Infos hier oder am 23.9. Indian Head Massage bei Chur? Infos hier)

PS Okay, okay, kaum fertig geschrieben waren es Hundert! Dann hat mein kleiner Glückswichtel (Fee habe ich keine im Haus) am Wochenende nicht frei!!!

Faktoren, welche die Chemie in der Pflanze beeinflussen [Chemotypen Teil 2]


Die Pflanze als lebendiges Wesen reagiert auf ihre Umgebung. Neben vom Menschen gemachten Faktoren, beispielsweise durch den Einsatz von Pestiziden, können folgende Faktoren die Zusammensetzung von ätherischen Öle aus namentlich gleichen Pflanzenarten mehr oder weniger stark beeinflussen.

Faktor Geographie

Der Standort der öleliefernden Pflanze spielt eine entscheidende Rolle bei der Zusammensetzung des entsprechenden ätherischen Öles. Im Fall vom ätherischen Öl aus den Zweigen des neuseeländischen Manukabaumes (Foto oben) sind sich die erfahrenen Aromatherapeuten einig, dass der Chemotyp, der in der East Cape-Region Neuseelands wächst, den höchstmöglichen therapeutischen Nutzen aufweist. Die Öle aus dieser Region bestehen zu circa einem knappen Drittel aus beta-Triketonen (zyklische Polyketone), die für die starke keimtötende Wirkung verantwortlich sind (Christoph 2001).

Ob ein Eukalyptusöl (Eucalyptus globulus) aus Portugal oder aus Brasilien kommt, ein Lavendelöl (Lavandula angustifolia) aus Frankreich oder England, ein Rosmarinöl (Rosmarinus officinalis) aus Tunesien oder Frankreich, ein Weihrauchöl (Boswellia) aus Somalia oder Tunesien, ein Salbeiöl (Salvia officinalis) aus Italien oder Kroatien, ein Lemongrasöl (Cymbopogon flexuosus) aus Indien oder Guatemala, ein Benzoe-Resinoid (Styrax benzoe) aus Sumatra oder Siam – der unterschiedliche Boden, die Klimaverhältnisse sowie die Menge und der Winkel der Bestrahlung mit dem ultravioletten Anteil des Lichtes spielen bei der Qualität der daraus gewonnenen Öle eine Rolle.Teilweise sind diese Qualitätsunterschiede rein subjektiv, werden also nach dem persönlichen Geruchsempfinden beurteilt, teilweise sind sie jedoch objektiver Natur, da je nach therapeutischem Einsatzgebiet bestimmte Ansprüche an das Spektrum der Inhaltsstoffe gestellt werden. Bei oben genannten Beispielen wird oft jeweils die erstgenannte Herkunft bevorzugt.

Ein Öl aus Thymian, der in Meereshöhe wächst, weist einen erheblich höheren Anteil an Carvacrol auf als das Öl von einer etwas höher gewachsenen Thymianpflanze, die mehr Thymol enthält. Je höher sie an Berghängen wächst, desto mehr der Monoterpenole Thujanol und – noch etwas höher – Geraniol kann sich entwickeln. Auf 1500 m wächst schließlich der begehrte hautfreundliche Thymian Ct. Linalool (Wabner 1997/1998).

Faktor Herstellungs-Tradition

Jedoch nicht nur der Ort als solcher spielt bei ätherischen Ölen eine Rolle. In manchen Ländern werden alten Traditionen entsprechend spezielle Methoden bei der Destillation angewendet, die das Ergebnis wiederum beeinflussen können. Beispielsweise werden die Zweige der Myrte [Myrtus communis] in türkischen Betrieben sofort nach dem Schnitt destilliert. Das Ergebnis ist ein frisch duftendes, ganz helles Öl mit fast fünfzig Prozent 1,8-Cineol-Anteil. In Marokko und Tunesien dagegen lässt man die Zweige leicht antrocknen, das daraus hergestellte ätherische bräunlich-rötliche Öl enthält nur minimal Cineol. Es ist somit besser für Kinder und empfindliche Menschen geeignet, da Cineol die Schleimhäute der Atemwege reizen kann.

Faktor Zeit

Im Laufe der Jahreszeiten – und bei einigen Pflanzen wie Melisse [Melissa officinalis] sogar der Tageszeiten – kann die Menge eines bestimmten Inhaltsstoffes stark variieren, siehe Grafik*, zum Vergrößern drauf klicken. Neben dem Entwicklungsstand der Pflanze spielt die Menge des einwirkenden Sonnenlichtes und die Lufttemperatur eine entscheidende Rolle. Zum Beispiel enthält Bergbohnenkraut (Satureja montana) im Winter hauptsächlich Monoterpene, im Spätsommer dominieren die Phenole (Carvacrol). Das gleiche gilt für Thymian: Bei der Frühjahrsernte finden wir circa 30% Thymol, bei der Herbsternte schon 60–70% (Carle 1993).

Faktor Verarbeitung

Jedoch nicht nur der Zeitpunkt der Ernte entscheidet über die Verteilung der Inhaltsstoffe eines ätherischen Öles, auch der Verlauf der anschließenden Destillation beeinflusst dessen biochemisches Profil. Bei der Destillation eines therapeutisch wirksamen Schafgarbenblüten-Öles [Achillea millefolium] ist es beispielsweise wichtig, den Höhepunkt des Chamazulen-Gehaltes abzuwarten, denn dieser Inhaltsstoff ist für die antiinflammatorische Wirkung verantwortlich. Gleichzeitig ist nach dieser Destillationszeit von 60 Minuten der anfangs erhöhte Anteil an potenziell hautreizendem Sabinen wieder um mehr als die Hälfte gesunken (Wagner & al.).

Literaturnachweis für beide Artikelteile

Aquel MB: Relaxant effect of the volatile oil of Rosmarinus officinalis on tracheal smooth muscle. J Ethnopharmacol. 1991 May-Jun;33(1-2):57-62

Belaiche, P: Traité de Phytotherapie et d’Aromathérapie Band 1-3. Paris 1979

Carle, R: Ätherische Öle – Anspruch und Wirklichkeit. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 1993

Christoph F: Chemische Zusammensetzung und antimikrobielle Eigenschaften der ätherischen Öle von Leptospermum scoparium J. R. et G. Forst. und anderer Teebaumöle der Gattungen Kunzea, Leptospermum und Melaleuca unter besonderer Berücksichtigung von Handelsölen. Dissertation zur Erlangung des naturwissenschaftlichen Doktorgrades des Fachbereiches Chemie der Universität Hamburg. Hamburg 2001

Franchomme, P; Pénoël, D: L’ Aromathérapie Exactement. Edition Roger Jollois, Limoges 1990

Price S, Price L: Aromatherapy for Health Professionals. Churchill Livingstone 1995

Wabner D, Häringer E: Vorlesungsmanuskript Etherische Öle in Therapie, Kosmetik und Parfumerie, Wintersemester 1997/1998. Eigenverlag Garching bei München

Wagner S, Mandl M, Hans H and Boechzelt H: Changes in the qualitative and quantitative chemical composition during steam distillation in pilot plant scale of essential oils of Achillea millefolium L., Salvia sclarea L. and Melissa officinalis L.; poster for Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz

Zimmermann E: Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe, 3. Auflage Sonntag Verlag 2005


*PS Die Veröffentlichung von Wagner & al. kann man samt der Grafiken hier kostenlos runterladen.

Montag, 14. September 2009

Die wichtige Wahl des Chemotyps [Teil 1]


Der Begriff Chemotyp (Ct. oder früher Chemodem) im engeren Sinne bezieht sich auf die „chemische Rasse“ von Pflanzen, die von Fachleuten eindeutig als identisch identifiziert wurden, die jedoch durch differierende Standorte (Höhe, Längen- und Breitengrad, also Winkel und Menge der UV-Licht-Einstrahlung sowie lokale Klima- und Bodenverhältnisse) völlig unterschiedliche Inhaltsstoffe entwickeln können. Unter den Ätherisch-Öl-Drogen ist dieser so genannte chemische Polymorphismus bei Pflanzen aus den Familien der Lippenblütler [Lamiaceae] und Myrtengewächsen [Myrtaceae] sowie bei Mitgliedern der Lorbeergewächse [Lauraceae] verbreitet: Pflanzen einer Art weisen unterschiedliche Inhaltsstoffprofile auf. Der hinter einem Pflanzennamen genannte Chemotyp ist also eine Art biochemische Beschreibung der individuellen Pflanze, er zeigt die therapeutisch relevante LEITSUBSTANZ an; er kann oft erst nach der Analyse der Inhaltsstoffe von Pflanzendestillaten oder -Extrakten per Gaschromatogramm und ähnlichen Methoden sicher bestimmt werden.

In der Forstbotanik ordnet man Koniferen mit gleichem oder ähnlichem Terpenmuster demselben Chemotyp zu, er wird dann auch Terpenotyp genannt. Die Abkürzung für Chemotyp lautet in Deutschland meist „Ct.“, oder der dominierende Inhaltsstoff, z. B. Thymol, steht hinter dem botanischen Namen. Im Französischen benutzt man für „Spécificité biochimique“ die Abkürzung „s.b.“, im Englischen „b.s.“ für „biochemical specificity“ oder auch „chemotype“ (Price & Price 1995).

In der französischen, medizinisch-therapeutisch geprägten Aromatherapie fasst man diesen Begriff etwas weiter, seit man durch Vergleiche von unterschiedlichen Thymianölen [Thymus vulgaris] in den sechziger Jahren entdeckte, dass diese Pflanze stark auf Standorteinflüsse reagiert (Franchomme 1990). Deren ätherisches Öl kann ein mildes, blumig duftendes Antiseptikum sein, das auch allerempfindlichste Menschen gut vertragen. Es kann jedoch auch ein haut- und schleimhautreizendes, penetrant riechendes 'Breitband-Antibiotikum' sein, das nur von gut geschulten Medizinern verabreicht werden sollte. Für die zuverlässige Überprüfung der keimtötenden Wirkung macht man in Frankreich – analog zum Antibiogramm – so genannte Aromatogramme, in denen man Sputum oder sonstige Absonderungen des Patienten kultiviert und anschließend mit in Frage kommenden Ölen oder Ölmischungen versieht. Das Öl, das die stärkste keimtötende Aktivität zeigt, wird in den Behandlungsplan einbezogen (Belaiche 1979).

Die einzelnen therapeutischen Eigenschaften eines bestimmten ätherischen Öles, beispielsweise von Thymus vulgaris, unterscheiden sich also je nach Chemotyp. Je nach Art und Menge der Leitsubstanz – die nicht zwangsläufig den prozentuell höchsten Anteil ausmachen muss – kann es sogar zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, während ein anderer chemischer Schwerpunkt eines Öles aus einer gleichnamigen Pflanze keinerlei Gefahr bedeutet. Vor allem bei den häufig verwendeten Ölen von Thymian [Thymus vulgaris], Rosmarin [Rosmarinus officinalis] und bei den Ölen der verschiedenen Kampferbäume [Cinnamomum camphora: Kampfer, aber auch Ravintsara- und Ho-Blätter-Öl] können die Unterschiede erheblich sein. Es ist deshalb für den Behandler sehr wichtig, den exakten botanischen Namen samt Chemotyp zu wissen und auch die Öle den jeweiligen Konstitutionen der Patienten anzupassen. Bei klinischen Studien und auch bei Laborstudien ist es sogar unerlässlich, dass der Chemotyp der verwendeten Öle untersucht und mit angegeben wird, ansonsten sind die Ergebnisse nicht reproduzierbar.

Gelegentlich werden in der Aromatherapie ähnliche – botanisch nicht identische – Pflanzen mit der Unterscheidung nach Chemotypen versehen, beispielsweise Eucalyptus globulus Ct. Cineol und Eucalyptus citriodora Ct. Citronellal (Eukalyptus-Öle), Thymus vulgaris Ct. Thymol und Thymus mastichina Ct. Cineol/Linalool (Thymian-Öle) oder Mentha Ct. Menthol/Menthon und Mentha Ct. Linalylacetat (Minze-Öle), so dass der Behandler die Leitsubstanz auf den ersten Blick erkennen kann, ohne dass er sich in der botanischen Nomenklatur gut auskennen muss.

Dienstag, 8. September 2009

Bringt graue Zellen auf Trab


Heute früh recherchierte ich für einen Text über Aromatherapie bei Demenzen und fand, dass bereits Shakespeare Rosmarin für das Gedächtnis empfahl. Das hat mich einigermaßen überrascht, da er 1564-1616 lebte - was ja eine vor-aromatherapeutische Zeit war!!!! Nachmittags wurde ich dann in einem Interview gefragt, warum Rosmarinöl einen so starken Einfluss auf das Gehirn hat. So stelle ich mal die drei gängigen Rosmarinöle vor.

Rosmarin, Rosmarinus officinalis L. - Das Stimulations-Öl.

Der typische Mittelmeerstrauch mit den nadeligen dunkelgrünen Blättern aus Südfrankreich, Spanien, Marokko oder ganz selten Korsika versorgt uns je nach Wuchsort mit drei unterschiedlichen ätherischen Ölen. Er wurde bereits vor tausenden von Jahren als magische Pflanze und als wirksames Heilkraut verehrt.

In meinem Duftgarten habe ich mehrere Exemplare dieses Lippenblütengewächses (Lamiaceae), die hier in Irland gerne sehr gagelig-holzig in die Höhe schießen, ein Strauch ist gut 1,50 m hoch. Sie blühen meistens bereits Ende Januar.

Das ätherische Öl gehört zu den ganz frisch-fast-stechend duftenden Kopfnoten, es wird durch Wasserdampfdestillation aus den Zweigen gewonnen. Es kann bereits knapp zwei Jahre nach Öffnen der Flasche die spritzige Note verlieren und riecht dann eher holzig.

Chemotyp Kampfer (Borneon): Dieses frisch-spitz-kampferig duftende ätherische Öl war noch vor fünfzehn Jahren DAS Rosmarinöl, als man noch nicht mit den anderen Chemotypen vertraut war. Es heißt auch Spanischer Rosmarin. Seine winzigen Kampfermoleküle (bis 27 Prozent) stimulieren und beleben Kopf und Kreislauf: Rosmarinöl fördert klare Gedanken, Wachheit, Konzentration, Klarheit. Seine durchblutungsfördernde Wirkung ist wie ein Wundermittel für Morgenmuffel und Menschen mit niedrigem Blutdruck: in der Duftlampe und in Duschgel und Schampoo. Zudem wirkt es schmerzlösend auf die Muskulatur und ist ideal für wärmende Vor- und Nach-Sport-Ölanwendungen sowie bei Sportverletzungen. Dieses ätherische Öl pflegt und regeneriert auch die Kopfhaut und fördert den Haarwuchs (zusammen mit Bay, Ylang Ylang und Zeder). Bei Epilepsie(neigung), in der Schwangerschaft und bei sehr hohem Blutdruck nur nach Absprache mit eine(r) erfahrenenen AromatherapeutIn und nur stark verdünnt anwenden, nichts abends anwenden (nur vor der Nachtschicht!)

Chemotyp Cineol (Eukalyptol): Dieses im Duft stark an Erkältungsöle erinnernde ätherische Öl enthält nur halb soviel Kampfer und stattdessen mehr schleimlösend und auswurffördernd wirksames Eukalyptol, das bei Erkältungskrankheiten hilfreich ist und anregend in Zeiten starker Erschöpfung.

Chemotyp Verbenon: Dieses ist das beste ätherische Öl, wenn es darum geht, Beschwerden aufgrund einer nachlassenden Tätigkeit der Leber zu behandeln. Man sollte für zwei bis drei Wochen mehrmals wöchentlich eine sehr warme Leberkompresse damit machen. Dazu 2 Tropfen des Öles mit etwas Honig vermischen, in einem halben Liter sehr warmen Wassers gut verrühren, Waschlappen oder kleines Gästehandtuch darin tunken und auswringen und auf den rechten Oberbauch legen, mit Wärmflasche bedecken. So können Verdauungsprobleme und auch Migräne sowie Erschöpfungszustände günstig beeinflusst werden.

Rosmarinöl wissenschaftlich: Nachdem sich bei Tierexperimenten zeigte, dass die motorischen Zentren im Gehirn durch den Hauptinhaltsstoff von Rosmarinus officinalis und Eucalyptus globulus 1,8-Cineol beeinflusst werden, wurde in einer kleinen Studie an acht freiwilligen Probanden – darunter einer Anosmikerin – festgestellt, dass der zerebrale Blutfluss nach Inhalation von 1,8-Cineol signifikant erhöht war. (Buchbauer 2003).

Freitag, 4. September 2009

Decubitus, Atem-Stimulation und Schmerzlinderung

Auch wenn es viele Minuten braucht, bis dieser Text von mir zu euch 'fliegt', möchte ich euch doch ein paar Zeilen für's Wochenende posten. Es geht um eine häufig gestellte Frage, die auch dieser Tage per E-Mail kam. 'Welche Art von Ätherische-Öle-Anwendungen und mit welchen Ölen darf ich als professionell pflegende Person in Institutionen am Patienten arbeiten?'

Ätherische Öle gelten je nach aufgedruckter/beigepackter Deklaration als:

  • Produkte zur Raumbeduftung ('Bedarfsgegenstände') - das ist meistens der Fall
  • medizinische Produkte beispielsweise nach DAB - so genannte 'Apothekenöle', sie sind standardisiert mit eindeutig zugeordneten Einsatzgebieten/Befindlichkeitsstörungen
  • kosmetische Produkte
  • Lebensmittel (relativ neu wie hier)

Laut Gesetzestexte der meisten europäischen Länder darf man als Angehörige(r) eines pflegenden Berufes nur ätherische Öle in der Kranken- und Seniorenpflege einsetzen, die dem jeweils aktuell gültigen Arzneibuch (Pharmacopoe) entsprechen. Daraus folgt, dass diese Tätigkeit eine mit heilender Ausrichtung vorgenomme Tätigkeit ist, die von betreuenden Arzt verordnet oder zumindest verantwortet werden muss.

Man könnte für eine pflegende Handlung ein als reines Kosmetikum deklariertes ätherisches Öl für die Hautpflege verwenden, dann handelt es sich um eher kosmetisch orientierte Pflege wie die Haare waschen oder so ähnlich. Sicherlich wäre beispielsweise ein Lavendelöl in fettem Öl wie von Neumond, Primavera oder Maienfelser angeboten für diesen Zweck geeignet, denn wenn es damit Probleme bei der Pflege gibt, haftet die herstellende Firma, vorausgesetzt das Produkt wurde nicht zweckentfremdet und wirklich kosmetisch-pflegend eingesetzt.

Neumond hat mittlerweile drei seit vielen Jahren klinisch erprobte Mischungen im Programm, die jedoch nicht als solche ausgewiesen werden dürfen. Ich kenne diese Mischungen aus der betreffenden Klinik, die dort mit viel Erfolg verwendet werden und habe sie auch ausprobiert: eine wohltuende Haut-Mischung, die optimal auf eine wirksame Decubitus-Prophylaxe (gegen Wundliegen bei bewegungsunfähigen PatientInnen) abgestimmt ist. Eine Mischung eignet sich hervorragend zur atemstimulierenden Einreibung, um Bronchialbeschwerden und Lungenentzündungen vorzubeugen, die dritte Mischung hat mir einmal unglaublich gut bei sehr schmerzhaft geschwollenen Knien geholfen. Da es sich um als Kosmetikprodukte deklarierte Produkte handelt, müssen sie allgemein und nicht-medizinisch lautende Bezeichnungen tragen (siehe Abbildung). Bei Primavera gibt es 'Gelenkeinreibung', 'Eukawohl" und ähnlich lautende mehr als pflegende Produkte. Es darf also nicht 'schmerzlindernd' oder Ähnliches aufs Etikett, sondern nur nicht-medizinische Ausdrücke. Sie könnten also 'Anti-Autsch' heißen, oder 'Schlaf-gut-durch', 'Samthaut' usw. - der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Die guten und seriösen Firmen deklarieren ihre ätherischen Öle aus juristischen Gründen "nur" als Produkte zur Raumbeduftung, damit sind die Öle - juristisch gesehen - Räucherstäbchen, Klosteinen und Petroleumduftlampen gleichzusetzen und sowas darf (offiziell) nicht zur Pflege eingesetzt werden. Der oder die verantwortlichen MedizinerInnen müssen also Vertrauen in die Firma oder in die Kompetenz ihrer pflegenden MitarbeiterInnen haben, um die Anwendungen zuzulassen und zu verantworten.

Es bleibt Pflegenden also (offiziell) nichts anderes übrig als Arzt/Ärztin mit einzubeziehen, sie vielleicht durch Studien zu überzeugen. Einige Studien habe ich hier unter 'Studien' bereits vorgestellt, es werden mehr folgen. Oder das Fachbuch von Prof. Wabner und Frau Dr. Beier vorlegen, dort sind eine große Anzahl an Studien vorgestellt (Link rechte Spalte). Foto: Monika Volkmann