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Donnerstag, 10. Dezember 2009

Duftverwandtschaften

Ich beschrieb vor ziemlich genau einem Jahr das wundervolle Buch von Margret Madejsky über Kräuterheilkunde für Frauen. Gestern blätterte ich mal wieder im nicht minder spannenden Buch Paracelsusmedizin, das sie mit einigen anderen AutorInnen zusammengestellt hat.  Darin fand ich im Abschnitt über die Signaturenlehre eine nette Zusammenstellung über Menschen- und Tiergerüche, welche bestimmte Pflanzen sozusagen kopieren. Sie werden traditionell als fruchtbarkeitsfördernd und aphrodisisch wirksam eingestuft.
  • Kotgeruch
Jasminabsolue (Jasminum grandiflorum) - bis zu 2,5 Prozent Indol, das ist der Geruchsträger menschlicher und tierischer Ausscheidungen. Spuren von Indol befinden sich in guten Parfüms. Diese Stickstoffverbindung ist auch in folgenden Absolues enthalten: Orangenblüte (2,1%), Tuberose (Spuren), Champaca und Ginster (je bis zu 5%). Durch die Enfleurage-Technik hergestelltes Jasminöl enthält kein Indol und duftet feiner, weniger animalisch, es ist so gut wie nicht mehr erhältlich.
  • Schweißgeruch
Angelikawurzel (Angelica archangelica) - in der Wurzel befindet sich Exaltolid, das ist eines der stärksten Pheromone (duftende Lockstoffe)
Baldrianwurzel (Valeriana officinalis) - beim Trocknen dieser Wurzel entsteht die auf den Menschen beruhigend wirksame und Kater verrückt machende Isovaleriansäure. Sie kommt im menschlichen Schweiß vor.
Muskatellersalbei (Salvia sclarea) - wer schon mal zu nah am hohen Blütenstand dieses schönen Lippenblütengewächses (Foto) gerochen hat, kennt bereits den stundenlang an der Nase haftenden Schweiß- oder Schmutzige-Wäschegeruch! Der Stoff Sclareol ist dafür verantwortlich, er ist mit für die enorm menstruationsregelnde, östrogenähnliche Wirkung des ätherischen Öles verantwortlich.


  •  Uringeruch
Sandelholz (Santalum album) - vor allem an blonden Menschen entfaltet dieses kostbare ätherische Öl manchmal einen urinösen Geruch, was bei dunkelhaarigen und dunkelhäutigen Personen nicht so oft vorkommt. Bestandteile dieses Öles weisen eine ähnliche Struktur wie Androstenol auf, das ist ein Abbauprodukt vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron. Ihm wird eine stark erotisierende Wirkung zugeschrieben.
  • Spermageruch
Berberitze (Berberis vulgaris) - aus diesem stacheligen Strauch mit dem spermaartig riechenden Blütchen wird kein ätherisches Öl gewonnen, ebensowenig aus
Kastanie (Aesculus hippocastanum) - deren Blüten Cardiospermin ausströmen
  • Bock/Raubtiergeruch
Costuswurzel (Saussurea lappa) -  geruchsprägend sind die Pheromone alpha-Ionon und Costuslacton
Silberdistel (Carlina acaulis) - ihre Wurzel mit dem animalischen Geruch wird auch Eber- oder Amberwurz genannt, sie wurde traditionell verwendet, um die Spermienbildung anzuregen. Es gibt kein ätherisches Öl von dieser Pflanze.

Interessant ist, dass all diese ätherischen Öle eine mehr oder weniger stark ausgeprägte aufhellende oder gar euphorisierende Wirkung auf das psychische Geschehen haben. Eine dufte Verwandtschaft zwischen Pflanze und Mensch...  und zum Tier?

Menschen lassen sich parfümindustrietechnisch durch vier tierische Exkrete - die in der konzentrierten und/oder nicht abgelagerten Form entsetzlich stinken - mit viel Vergnügen an der Nase herumführen. Diese werden heute im Labor nachgebaut und abgewandelt: Moschus (aus einer Drüse nahe der Geschlechtsteile vom männlichen Moschushirsch), Ambra (vermutlich pathologische Verdauungstrakt-Ausscheidung vom Pottwal), Zibet (Markierungsstoff von Zibetkatzen) und Bibergeil oder Castoreum (Markierungs- und Fellpflegestoff von Bibern).

Umgekehrt ist der für die meisten Menschen himmlisch wirkende Duft Vanillin (in den meisten Holzarten, in Vanille, Benzoe, Tolu- und Perubalsam etc. enthalten) der Sexuallockstoff einer südamerikanischen Wanze, wie Ruth von Braunschweig heraus gefunden hat.

11 Kommentare:

Elli hat gesagt…

Das war und ist ja echt interessant.

L.G. Elisabeth

Sabrina Herber hat gesagt…

Hallo Eliane,
ja der Muskatellersalbei riecht wenn er blüht, wie eine Horde verschwitzter Männer ;-)), zuerst etwas abstoßend aber dann doch sehr anziehend.....so sind wir Frauen nun mal.....

Liebe Grüße
Sabrina

Denise :-) hat gesagt…

Dank Dir, Eliane! Jetzt weiss ich endlich warum meine Miezekatzen meine getragenen Kleidungsstücke und besonders den Achselschweiss mögen. Man lernt nie aus und Dein Blog ist immer wieder sehr interessant.

Ganz liebe Grüsse!
Denise

Heidi hat gesagt…

Meine Güte ist das interessant. Ich lese in einem Buch von Mandy Aftel gerade über die "tierischen Gerüche", auf die die Menschen so abfahren.
(Wie gut dass der Weihnachtsmann bald kommt).
Mein Muskateller-Salbei steht noch immer ziemlich strunkelig in der Gegend herum. Eine interessante Pflanze. Wenn ich die vertrockneten Samenstände mit den Fingern zerreibe, dann rieche ich diesen Schweißgeruch immer noch. Ich denke sie wird viel Nachwuchs produziert haben :-)
LG Heidi

Tinki hat gesagt…

Ich fand das auch äußerst spannend! - Jetzt weiß ich warum ich Vanille-geruch nicht mag - immerhin habe ich jetzt den Grund dafür : )
Die anderen Dinge sind wohl irgendwo tiefer sitzend, denn eigentlich findet man die ganzen Gerüche unangenehm - scheinbar gibt es aber sogenannte Urinstinkte wohl doch noch - obwohl ich auch die genannten Gerüche nicht besonders mag... bin eh sehr geruchsempfindlich - gibt wenig, was ich als angenehm empfinde... Liebe Grüße und Danke für all die Informationen Tinki

Silke hat gesagt…

Hallo,
wie immer super spannend und informativ.

Viele Grüße Silke

elli hat gesagt…

1. Wir hatten in Hannover eine Ausstellung im Kästner Museum, " Düfte der Antike". Es gab Flaschen mit Schnupperproben in Watte.Dazu die Erklärungen, wo wurde der Duft gefunden, aus welchen Substanzen wurde er hergestellt. Es gab einen wunderbaren Duft, der mich unwahrscheinlich ansprach. Die Erklärung. Er wurde aus dem Schweiß der Marathonläufer hergestellt. Man rieb erst ihre Körper nach dem Lauf mit Olivenöl ein, dann wurde alles abgeschabt. Es roch unwiderstehlich.
2. Etwas über Niaouli: Als ich in der Fortbildung Niaouli vorstellte, meinte eine teilnehmerin:" Das riecht nach Kater."

Denise :-) hat gesagt…

Oh ja, die Kater können manchmal nächtelang niaulen! ;-)

Mein Niaouli riecht ziemlich nach Schwefel, etwas streichholzmässig aber auch penetrant, so ähnlich wie Katerurin. Aber es gibt schon einen Unterschied: Niaouli mag ich, Katermarkierungen nicht.

Denise =^..^=

Beatrice hat gesagt…

Wirklich spannend. Habe eben angefangen Rainer Maria Wieshammers Buch: "Verführen und Heilen mit Düften, die Psychologie des Geruchsinns" zu lesen. Ich hab's antiquarisch gefunden, es ist glaub leider vergriffen, aber man findet es noch gebraucht bei Amazon. Es ist bis jetzt wirklich sehr lesenswert und es liest sich leicht. Es gibt unter anderem ein Kapitel: was wir riechen, wie wir riechen z. B. das stille Örtchen uns seine Duftgeheimnisse"...
und passt so richtig gut zu diesem Artikel "Duftverwandschaften".

Ich wünsche euch allen einen schönen 3. Advent
Beatrice

Anonym hat gesagt…

...ich kann mich an die Salbei- und Frauenmantelernte mit Primavera erinnern. Oh und Ahhs wurden im Bus laut, als wir an einem blühenden Muskatellersalbeifeld vorbeiführen. Anhalten war ein Muss und mit nur einer Blüte im Bus ging die Fahrt nicht länger, als die nächsten 3-4 Minuten. Manchen wurde übel und der Geruch war unausstehlich - bis sich besagte Dame davon trennen musste.
Lieben Gruß und Danke für Deine immerwährenden Infos.
Lieben Gruß und eine schöne duftende Weihnachtszeit
Kerstin aus WI

elli hat gesagt…

Ich kann Muskatellersalbei auch nicht riechen.
Bei einem Vortrag in unserer Frauenklinik hatte ich mich bewußt für eine Mischung mit Muskatellersalbei entschieden.
Nach 5 Minuten mußte ich meine Duftlampe aus dem Raum entfernen, weil mir total schlecht wurde und ich Kopfschmerzen bekam. Gott sei Dank hatte ich mit dem Vortrag noch nicht angefangen und bis dahin hatte ich mich wieder erholt.
Elli